Dieses Haus besteht aus Pappe – und ist trotzdem wetterfest
Ein Haus aus Pappe, das klingt nicht gerade schick. Und schon gar nicht stabil. Doch die niederländische Firma Fiction Factory beweist: Das eigene Traumhaus kann auch ganz unkonventionell aussehen.
Als Kind war die Welt noch unkompliziert: Man schnappte sich einen großen Karton, stellte ihn hochkant auf, schnitzte sich ein Fenster hinein, fertig war das selbstgebaute Papp-Haus. Wie kompliziert – und teuer! – ist der Hausbau dagegen in der echten Welt. Man benötigt jede Menge Baumaterial, viel Know-How und noch mehr Geld.
Dass der Hausbau aber auch so einfach sein kann wie in den Kindheitstagen, beweist die niederländische Firma Fiction Factory. Sie forschte vier Jahre am sogenannten Wikkelhouse, einem Wohnhaus aus Pappe. Zwar mag das Material auf den ersten Blick nicht gerade robust und alles andere als schick erscheinen, doch die Firma aus Amsterdam hat sich ein paar Tricks einfallen lassen und verspricht: Unser Papphaus hält bis zu 100 Jahre!
Das gewickelte Wohnhaus
Das Wikkelhouse, dessen Name sich vom niederländischen Wort "wikkelen" ableitet, was im Deutschen "einwickeln" bedeutet, besteht zum Großteil aus Pappe. Genauer: Aus 24 Schichten Pappe, die aus skandinavischen Bäumen hergestellt und mittels eines Naturklebstoffs verklebt wurden. Dadurch entstehe eine "stabile und isolierende Sandwich-Struktur", erklären die Designer. Die Pappkonstruktion wird zum Schluss mit Holz verkleidet.
Doch jeder, der schonmal eine Pappe auf dem Balkon vergessen hat, weiß: Wasserfest ist so ein Karton nicht. Eine große Herausforderung für die Forscher, denn schließlich soll das Haus auch Wind und Wetter ohne Schäden überstehen. Dafür nutzen die Niederländer eine wasserabweisende, aber dennoch atmungsaktive Membran namens Miotex, die einfach auf die Außenhülle aufgetragen wird. Dadurch soll das Haus Jahrzehnte überstehen, der Miotex-Film muss lediglich alle 30 Jahren erneuert werden.
Ein Haus, das mitwächst
Der besondere Clou: Die Struktur des Hauses wurde so entwickelt, dass man beliebig viele Bauteile aneinanderreihen kann. Wird einem das Haus irgendwann zu klein, weil man etwa noch ein Kinderzimmer benötigt, kann man einfach ein weiteres Modul anbauen. Die Hausröhre wird dann quasi um ein weiteres Segment verlängert. Das ist praktisch, komplexe Wohnstrukturen sind aber nicht möglich. Denn die Maße sind immer identisch: Ein Bauteil ist 3,50 Meter hoch, 4,60 Meter breit und 1,20 Meter lang.
Die Grundfläche pro Bauteil beträgt 5 Quadratmeter, ein Teil kostet ohne Transport und Aufbau 25.000 Euro. Das ist kein ganz billiges Vergnügen, andererseits sind alle Bauteile vollständig recycelbar.
Der Aufbau des Hauses selbst dauert nur einen Tag, behauptet das Unternehmen. Fenster können nach Belieben in das Haus gebaut werden. Und will man umziehen, kann man die Module einfach auseinanderbauen.
"Pappe wird unterschätzt"
Das Wikkelhouse wurde bereits für mehrere Preise nominiert, derzeit arbeitet das Entwickler-Team an einer Version, die auch ohne Stromanschluss funktioniert. Rick Buchter von Wikkelhouse sagt: "Pappe ist ein unterschätztes Material. Es gibt kein Material, dass so leicht, stabil und isolierend ist. Die meisten Menschen denken an einen Karton oder einen Briefumschlag. jeder glaubt, dass ein Papp-Haus nicht funktionieren kann. Aber es funktioniert sogar wunderbar. Wir sind es nur noch nicht gewohnt."