In welchen Berufen die Gehälter in Deutschland wie stark steigen

"In welchen Berufen die Gehälter wie stark steigen

Altenpflegerin

Altenpfleger gehören zu den wenigen Fachkräften mit Berufsausbildung, bei denen sich der Fachkräftemangel auch auf dem Gehaltszettel bemerkbar macht
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Daniel Bakir
von Daniel Bakir

Der Fachkräftemangel hat laut einer Studie in manchen Berufen für starke Lohnsteigerungen gesorgt – in anderen dagegen nicht. Und: Viele Gehälter entwickeln sich auch unabhängig von einem Mangel.

Wer einen Beruf ausübt, in dem ein Mangel an Fachkräften herrscht, hat größere Chancen auf Gehaltssteigerungen. Diesen in der Theorie logischen Schluss, hat eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln nun empirisch unterfüttert. Die Auswertung zeigt aber auch: Nicht alle Fachkräfte profitieren gleichermaßen – und die Gehälter können auch in Berufen stark steigen, in denen es überhaupt keinen Mangel gibt.

Doch der Reihe nach. Um zu sehen, wie sich ein Fachkräftemangel auf die Lohnentwicklung auswirkt, analysierten die Ökonomen des IW Köln Daten der Bundesagentur für Arbeit für die Jahre 2013 bis 2019. Insgesamt stiegen die Löhne demnach um durchschnittlich 2,4 Prozent pro Jahr. In Berufen mit Fachkräftemangel lag die Steigerung im Schnitt jährlich um 0,61 Prozentpunkte höher als in den übrigen Berufen. 

In sieben der zehn Berufe mit dem größten Fachkräftemangel stiegen die Gehälter im betrachteten Zeitraum stärker als im Gesamtschnitt von 15 Prozent. Altenpfleger*innen verdienten laut den Daten 2019 rund 24 Prozent mehr als 2013 – nämlich 3032 Euro. Fachkrankenpfleger*innen, die sich durch Weiterbildung spezialisiert haben, verdienten 18 Prozent mehr (3978 Euro). Auch Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung mit mittlerem Qualifikationsniveau konnten sich über 18 Prozent mehr Lohn freuen (4186 Euro). Betrachtet werden Brutto-Vollzeitentgelte inklusive aller sozialversicherungspflichtigen Sonderzahlungen, also auch Wochenendzuschläge oder Weihnachtsgeld.

Tabelle 1: Berufe mit besonders starkem Fachkräftemangel

 

Berufsgruppe

Gehalt (Median)

Entwicklung 2013-2019

Öffentliche Verwaltung (Spezialist)

4186 Euro

+18%

Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (Experte)

5159 Euro

+10%

Technischer Eisenbahnbetrieb (Spezialist)

3645 Euro

+14%

Kältetechnik (Fachkraft)

3455 Euro

+19%

Fachkrankenpflege (Spezialist)

3978 Euro

+18%

Führungskraft Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst, Geburtshilfe (Spezialist)

4553 Euro

+22%

Altenpflege (Fachkraft)

3032 Euro

+24%

Straßen- und Asphaltbau (Experte)

5338 Euro

+19%

Ver- und Entsorgung (Experte)

5484 Euro

+16%

Öffentliche Verwaltung (Experte)

5086 Euro

+12%

 

Fachkraft = Berufsausbildung; Spezialist = Meister, Zusatzqualifikation; Experte = Akademiker; Quelle: IW Köln

Hochqualifizierte profitieren mehr vom Mangel

Insgesamt zeigt sich eine große Diskrepanz zwischen den Ausbildungsniveaus. Während akademische Fachkräfte den Mangel in ihrem Beruf stärker in höhere Gehälter ummünzen, schaffen das Fachkräfte in Ausbildungsberufen kaum, schreiben die IW-Forscher. "Ein Grund für diesen Befund ist, dass Hochqualifizierte mobiler sind. Sie sind eher bereit, für eine gutbezahlte Stelle umzuziehen", sagt Studienautor Alexander Burstedde. Akademiker verhandeln zudem oft ihre Gehälter selbst, während sich die Gehälter von Beschäftigten in Ausbildungsberufen eher an Tariflöhnen orientieren. 

Ein Fachkräfteengpass ist daher bei Weitem nicht der einzige Faktor, der die Gehaltsentwicklung in einem Beruf beeinflusst. Tariflöhne, die Produktivität der Arbeitnehmer, die Zahlungsbereitschaft von Kunden und andere Faktoren üben ebenfalls Einfluss aus. Interessanterweise ist unter den zehn Berufen mit den höchsten prozentualen Gehaltssteigerungen der letzten Jahre kein einziger, in dem es einen Fachkräftemangel gibt (siehe Tabelle 2). Dabei handelt es sich überwiegend um schlecht bezahlte Berufe, in denen die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns für eine Verbesserung gesorgt hat.

Tabelle 2: Berufe mit den prozentual stärksten Gehaltsveränderungen

Berufsgruppe

Gehalt (Median)

Entwicklung 2013-2019

Berufskraftfahrer (Fachkraft)

1762 Euro

+34%

Fußpfleger (Fachkraft)

1924 Euro

+33%

Führungskraft Objekt-, Personen-, Brandschutz, Arbeitssicherheit (Spezialist)

4178 Euro

+32%

Haus- und Familienpflege (Spezialist)

2397 Euro

+32%

Vor-, Kalt- und Süßspeisenköche (Fachkraft)

2228 Euro

+30%

Kaufleute im Handel (Spezialist)

4891 Euro

+29%

Kosmetik (Fachkraft)

1781 Euro

+29%

Verkauf (Fachkraft)

1890 Euro

+29%

Zahnärzte/Kieferorthopäden (Experten)

4709 Euro

+29%

Obst- und Gemüsebau (Fachkraft)

2081 Euro

+29%

Auskunft und Kundeninformation (Fachkraft)

2696 Euro

-6%

Berufe für Post- und Zustelldienste (Fachkraft)

2623 Euro

-6%

Technische Informatik (Spezialist)

3736 Euro

-8%

Überwachung und Steuerung des Luftverkehrsbetriebs (Fachkraft)

2890 Euro

-13%

 

Fachkraft = Berufsausbildung; Spezialist = Meister, Zusatzqualifikation; Experte = Akademiker; Quelle: IW Köln

Gehalt ist nicht alles

Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, sei es aus volkswirtschaftlich-theoretischer Sicht sinnvoll, wenn die Löhne vor allem in den Berufen steigen, in denen ein Mangel herrscht, schreiben die Studienautoren. Sie erkennen aber auch an, dass die Bezahlung nur ein Aspekt ist, der einen Beruf attraktiv zu macht. Daneben spielten auch soziale Anerkennung sowie nicht-monetäre Anreize wie flexible Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Aufstiegsmöglichkeiten eine Rolle.

 

Source:  https://www.stern.de/wirtschaft/job/studie–in-welchen-berufen-die-gehaelter-wie-stark-steigen-9555434.html

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