Meine Lauf-Story – Wie ich anfing zu Joggen – und seither nicht mehr aufhören möchte

Normalerweise liegt es mir nicht so, über mich selbst zu schreiben. Wenn es jedoch einem guten Zweck dienen kann, warum dann nicht einmal eine Ausnahme machen und es versuchen. Der gute Zweck ist ‚Gesundheit‘ und ‚Wohlbefinden‘.

Ich bin ein Mann Mitte / Ende 40. Ich war eher nie sehr sportlich. In der Schule, vielleicht nicht schlecht in Gymnastik (ohne das kleinste außerschulische Training eher durchgehend gute Noten, – anscheinen Veranlagung – Talent?), aber was Leichtathletik anging, eher nicht so motiviert. Eines meiner spontanen Wohlgefühle nach dem Gymnasium war (unbewusst) wahrzunehmen, dass ich nie mehr Rennen (Joggen, Laufen) musste in meinem Leben!

Und so hielt ich dies dann auch bestimmt zehn Jahre lang: Kein Sport! Der Zivildienst verlangte vielleicht hier und da etwas körperliche Anstrengung und manchmal musste man schwere Boxen schleppen und ausdauernd sein wenn man als Musiker mit seinen Kumpels auftrat. Alles aber kein Sport (aber recht viele Zigaretten!).

Ende zwanzig dann ein paar Monate Mountain Bike. Musste aber wegen starken und wachsenden Rückenproblemen aufgegeben werden.

Dann Anfang / Mitte vierzig, so vor vier Jahren, auf einmal viel Stress, vor allem beruflich, und entsprechende körperliche Symptome: Perma-Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Isolierung, Traurigkeit, Reizbarkeit, Selbstzweifel, bisweilen Angstgefühle, Schlafstörungen, Herzklopfanfälle, Schweißausbrüche, Schulterentzündung. Mittlerweile auch permanenter Tinnitus auf beiden Ohren.

Und nach dem x-ten Artikel über Sport und seinen positiven Einfluss auf ‚Körper und Seele‘, beschloss ich nach einigen Monaten dann einmal ein ‚paar  Meter‘ zu laufen. Das kostete keine große Investition in Ausrüstung, kann man allein tun und quasi wann man will – fast wo auch immer man will und so lange man will. Kann man auch schön draußen in der Natur machen, was besonders angenehm ist für die, die keine Fitneßstudios mögen, Laufteppiche, Sammelumkleidekabinen, Schweißgeruch und kollektive Sammelduschen.

Also: Die alten Sportschuhe finden, eine Laufhose (für 10 Euro) und ein altes T-Shirt. Und eines morgens an einem Wochenende, ganz früh am Morgen raus in die Natur. Es war wohl Herbst. Ich wohnte zu dieser Zeit in einem Haus nahe von freiem Feld. Eine Art Sackgasse, die am Ende zu einem Feldweg wird. Fast keine Autos, quasi kein Verkehr, fast keine Fußgänger. Rechts schauen, links schauen, dass auch keiner zuschaut, wenn man nach so vielen Jahren die ersten Laufschritte macht! Zum Glück ja wenig los in der Straße, vor allem so früh am Wochenende! Noch einmal Schuhe richtig binden, schauen, dass die Kleider richtig sitzen. Und dann zwischen der Hecke auf die Straße Richtung Feld. Und als ich auf die Straße trete, meine ersten Laufschritte wagend, sehe ich noch im Augenwinkel ein Mädchen – vielleicht so irgendwo zwischen 17 und 20 Jahren – die Straße entlang joggen, – gerade ein paar Meter hinter mir! Jetzt nur keine Blöße zeigen und nicht hängen lassen! Haltung annehmen und so tun, als ob man seit Jahren nichts anderes machen würde!

Was für ein Gefühl! Alles so neu. Neue Bewegungsart. Etwas Wind im Gesicht, kalte Temperatur an den nackten Beinen. Kalte Luft in den Lungen. Und: Durchhalten … Interessantes Gefühl. Recht anstrengend. Nach ca. einem Kilometer unmöglich, weiter durchzuhalten. Ich halte an, – und binde mir die Schuhe (ha, ha!) Das Mädel zieht kollegial grüßend an mir vorbei!

Der Rest dieses ersten Laufes verlief dann entspannter. Alles immer noch so neu: Weg finden, regelmäßigen Lauf- und Atemrhythmus definieren. In sich hinein hören. Nicht zu schnell laufen. Haltung annehmen. Füße richtig aufsetzen. Richtig abrollen. Wie hält man denn die Beine richtig? Und die Arme? Knie nicht durchstrecken. Ganz wichtig: Richtig atmen! Im richtigen Rhythmus.

Nach ein paar Kilometern und mehreren Malen Abwechseln zwischen Laufen und Gehen, dann wider glücklich zuhause. Sehr intensives Gefühl. Zufrieden und aufgeregt. Die Strecke war insgesamt wohl fast zehn Kilometer lang. Und ich hätte nicht gedacht, dass ich das so beim ersten Mal hinbekomme. Denn ich hatte gelesen, dass Gehen ‚erlaubt‘ ist! Was ich nicht so in Erinnerung gehabt hatte, war das Gefühl von ‚Härte‘ beim Fuß Aufsetzen.

Leider hatte ich dann am nächsten Tag ein Ziehen im unteren Teil der Wirbelsäule, da wo ich meine Rückenprobleme hatte. Auch die Beine waren ein paar Tage lang etwas ‚müde‘ und ich spürte meine kleinen Muskeln. Vor allem in den Waden.

Dies alles ließ mich aber nicht davon abhalten, am nächsten Wochenende erneut zu laufen. Dieses Mal achtete ich darauf, dass keine Mädchen (oder sonstige versierte Sportler) hinter mir herliefen. Da ich den Weg schon kannte, war es einfacher, mich auf andere Parameter zu konzentrieren: Geschwindigkeit, Rhythmus, Fußstellung, Atmung, usw.… Und ich machte schon etwas weniger Gehpausen. Es war schön, allein in der freien Natur zu sein. Ich war ein wenig stolz. Ich sah schon ein wenig Fortschritt. Das Laufen ging insgesamt schon etwas leichter, war etwas schöner. Immer noch anstrengend, aber die folgende Müdigkeit zuhause war angenehm. Ich merkte, Laufen tat mir gut. Ich wusste nicht genau warum. Aber es tat gut.

Am nächsten Tag hatte ich etwas mehr Rückenschmerzen. Es dauerte ein paar Tage, bis sie wieder weggingen. Ich las mehr Artikel auf dem Internet und fand Videos auf YouTube. Weil es da sehr viele Informationen gab und es nicht einfach war zu wissen, wo man anfangen soll, so schienen alle Anfängertipps den selben Basisratschlag zu enthalten, die auf gute Laufschuhe abzielten. Ein paar Tage später investierte ich hundert Euro in meine ersten Nike Pegasus 28. Was war das für ein Unterschied! Beim nächsten Mal Joggen dachte ich, ich hätte Flügel. Oder vielmehr: Es fühlte sich an, als liefe ich auf Wolken! Und keine Rückenschmerzen mehr und wesentlich weniger ‚Muskelkater‘! Also, Zwischenfazit: Am besten nicht mit ‚normalen‘ Allround-Sportschuhen laufen – sondern besser mit speziellen Lauf-Schuhen. Und: Sich sehr früh ein Minimum Informieren. Zum Beispiel übers Internet – wenn man nicht gleich in ein Anfänger-Buch investieren möchte. 

Ich lief weiter, einmal pro Woche, und es machte mehr und mehr Spaß, zu sehen, wie das Laufen sehr gut tat und wie ich mich zusehend verbesserte: Ich hatte es immer leichter, meine 5-10 Kilometer zu laufen. Wenn ich zwei Mal pro Woche lief, ging es noch (viel) leichter. Aber es fehlte mir Anfangs etwas ‚die Zeit‘ – oder sollte ich ehrlicher ‚die Courage‘, d.h. der (zusätzliche) ‚Antrieb‘ sagen? Denn Laufen ‚kostet‘ Zeit. Und die ‚hatte‘ ich nicht unbedingt so automatisch zur Verfügung, da ich so viele Jahre keinen Sport gemacht hatte. Besser und ehrlicher gesagt: Ich nahm mir die Zeit nicht ‚automatisch‘.

Aber was war ich glücklich, – nicht nur alleine in der Natur, beim Beobachten und Erleben letzterer, bei dem Suchen (und Finden!) neuer Wege. Nein, auch beim Erleben des besseren Wohlgefühls. Mir ging es im Allgemeinen körperlich und wohlbefindlich zunehmend besser. Manchmal schaffte ich es zwei Mal pro Woche raus zu gehen, und im Durchschnitt blieben es lange Zeit eineinhalb Mal pro Woche.

Als ich dann bei einem Routinearztbesuch erfuhr, dass ich erhöhte Cholesterinwerte hatte (‚schlechtes‘ LDL Cholesterin zu hoch, ‚gutes‘ HDL zu gering) und durch mein zunehmendes Gewicht mit 83 Kilo (für 1,80m Körpergröße) in die Kategorie Übergewichtig eingestuft wurde (das ist man, wenn man einen Body Mass Index von mehr als 25 hat), und mein Bauch immer strammer wurde,  beschloss ich nicht nur meine Nahrung umzustellen (und langsamer zu essen, weniger tierisches Fett, weniger Fleisch, usw.…) sondern auch meine Joggingfrequenz auf zwei bis drei Mal pro Woche zu erhöhen. Unterstützt durch neue Veröffentlichungen von neuesten Untersuchung versuchte ich nicht mehr meine Streckenlänge zu erhöhen – ich hatte lange regelmäßig 10 Kilometer angestrebt – sondern gebe mich vielmehr seither mit 5-7 Kilometern zufrieden. Und das passt sehr gut. Vor allem weil ich regelmäßig in meiner Mittagspause vom Büro aus laufe, und da sind zehn Kilometer was die Dauer angeht etwas an der Grenze.

Und so laufe ich mittlerweile regelmäßig, vor allem im Wald und auf Feldwegen. Ich genieße dabei die Natur und das Laufen. Gerne verbinde ich das Genießen mit etwas Arbeiten an mir selbst. Nicht um irgendein größeres sportliches Leistungsziel zu erreichen, sondern eher um ‚richtig‘ zu laufen, d.h. ohne mir weh zu tun oder meinen Körper abzunutzen und auf Effektivität abzielend. Denn während ich glaube, dass vor allem Männer regelmäßige Bewegung und Sport brauchen (denn unsere jagenden und sammelnden Vorfahren vor einigen tausend Jahren haben uns das wohl ins genetische Erbgut gelegt), so glaube ich auch, dass jeder sein eigenes Mass und die richtige Dosis Sport für sich selbst finden und definieren muß. Denn zu viel oder zu intensiver Sport kann schaden. Zu viel, zu intensiver oder falsch ausgeführter Sport kann zu Abnutzungen des Körpers führen. Zum Beispiel der Gelenke. Und es kann regelrecht krank machen, bzw. weh tun, zu Unfällen führen. Deswegen ist es wichtig, in sich hinein zu hören und das beste persönliche Mass an regelmäßiger Bewegung finden – und das für die Sportart, die einem gefällt und die für einen persönlich möglich ist. Denn in der Tat hat es keinen Sinn, wenn man beispielsweise Gelenkprobleme hat an den Knien, Hüften Armen und/oder  Schultern, dies ignorieren zu wollen. Der Sport, die Frequenz, die Intensität müssen an den eigenen Körper und der jeweiligen ‚Form‘ angepaßt werde.

Wer kann und will, sollte einen Coach in Erwägung ziehen. Ansonsten gibt es mittlerweile so viel einschlägige Literatur, – nicht nur via Bücher und Zeitschriften, sondern auch über das Internet, in Form von kostenlosen Artikeln und Videos. Und wenn man etwas neugierig ist und sich Zeit nimmt, kann man viel entdecken: Viele Informationen zum anlesen und anschauen, zum in Erwägung ziehen, Kopieren, Ausprobieren, anzutrainieren, Experimentieren, Optimieren, Adaptieren. Und oft macht es Spaß, an sich selbst zu arbeiten, Dinge auszuprobieren und die Veränderung direkt (oder manchmal auch indirekt und etwas Zeitversetzt) am eignen Körper zu spüren. Ob es da um die richtige bzw. beste Fußstellung geht, – das richtige Aufsetzen und Abrollen des Fußes – oder um die richtige Beinbewegung – inklusive Kniestellung – oder um die Richtige Atmung, Armhaltung, Kopf- und Schulterhaltung, Bauchhaltung, oder die Kleidung. Es gibt wahrscheinlich keine ideale Bewegungsbeschreibung, Körperhaltung oder Bekleidung. Stattdessen, gibt es viele gute Ratschläge, und jeder kann selbst experimentieren und Ausprobieren, was am besten zu einem passt.

Seine Gewohnheiten zu ändern ist oft nicht leicht und dauert oft recht lange. Und das Risiko, daß man eine geplante Gewohnheitsänderung nicht durchhält ist reell!. Aber wenn man einsieht, dass regelmäßiges mäßiges und angepasstes Bewegen und Sportmachen einfach sehr viele Vorteile haben kann, sein ganzes Leben lang, dann kann das mit dem regelässigen Sport treiben – und Laufen – viel einfacher gehen. Denn Laufen tut nicht nur während dem Laufen gut, sondern noch lange danach. Und es werden da nicht nur Hormone freigesetzt, die zum Wohlfühlen beitragen, sondern der ganze Metabolismus wird so beeinflußt, so daß der Stoffwechsel viel gesünder stattfindet: Da setzt man mit der Zeit weniger Fett an, entwickelt mehr Muskeln, verdaut besser, verwertet Nahrungsmittel optimaler und gesünder, stärkt die Körpereigene Abwehr, kann klarer Denken und man beugt anscheinend auch gewissen Krankheiten vor, inklusive Krebs, Diabetes, Depressionen und vielleicht noch vielen anderer mehr. Kurzum: Tut einfach rund herum gut, macht Spaß – und ist zu empfehlen!

 

20220720

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